Die Klima- und Energie-Modellregion „Steirisches Vulkanland“ setzt auf Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft. Sie versucht ihre Wirtschaft schrittweise auf eine regionale und nachhaltige Ressourcenbasis umzustellen.
Das Vulkanland ist eine Region im Südosten der Steiermark. Es beginnt östlich von Graz und reicht bis zur slowenischen Grenze. Obwohl es so heißt, gibt es hier keine Vulkane mehr, nur noch die Überbleibsel davon. Das sind viele kleine Hügel, auf denen sich die Felder der stark landwirtschaftlich geprägten Region erstrecken.
Das steirische Vulkanland
100.000 Menschen leben im Steirischen Vulkanland, verteilt auf 31 Gemeinden. Davon sind 27 Kommunen bereits Teil der gleichnamigen Schwerpunkt-KEM für Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft.Die Region konnte sich gegen 14 Mitbewerber durchsetzen und gewann 2021 die Ausschreibung des Klima- und Energiefonds zur Schwerpunktregion. Dafür erhielt sie rund eine Million Euro aus Mitteln des Klimaschutzministeriums für das sofortige Umsetzen konkreter Maßnahmen.
70 % des gesamten Umweltdrucks, der im Steirischen Vulkanland anfällt, werden im Ausland verursacht. Das heißt, für scheinbar regionale Produkte fallen große Mengen an Emissionen bereits im Ausland an, z. B. bei der Futtermittelproduktion für die regionale Schweinemast.
Michael Fend, der Geschäftsführer des LEADER-Management Steirisches Vulkanland, erzählt über die Vergangenheit: „Die Region wurde früher als eine rückständige Region, als Grenzregion zum Eisernen Vorhang wahrgenommen. Die Leute hatten das Gefühl, ihre Region ist am Rand und dahinter gibt es nichts. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem EU-Beitritt Österreichs ergab sich die Möglichkeit, an europäischen Regionalentwicklungsprojekten teilzunehmen. 1995 haben wir das erste LEADER-Projekt eingereicht. Dadurch ist es in den letzten 25 Jahren gelungen, das Bild zu wandeln.“
Tatsächlich gibt es wenige Regionen, die von sich behaupten können, alles, was der Mensch zum Leben braucht, selbst produzieren zu können. Anstatt die Industrie anzulocken oder eine Megacity zu bauen, hat sich die Region auf das besonnen, was sie ausmacht: die kleinstrukturierte Landwirtschaft, die sich ganz zwangsläufig aus dem hügeligen Terrain ergibt und die dafür eine sehr breite Palette an Agrarprodukten herstellen kann. Man hat das, was man zuvor als Mangel betrachtet hat, als eigene Stärke erkannt. Damit man mit so einer Struktur tatsächlich wirtschaftlich sinnvoll Landwirtschaft betreiben kann, muss man auf neue Konzepte setzen und an die Zukunft denken. Damit kommt die Bioökonomie ins Spiel. Diese hat nichts mit dem Biostandard in der Landwirtschaft zu tun und beschränkt sich auch nicht auf die Landwirtschaft. Es ist vielmehr ein Konzept, das die gesamte Wirtschaft auf nachwachsenden Rohstoffen aufbauen lassen will. Durch die Bioökonomie sollen alle Produkte und alle wirtschaftlichen Bereiche durch nachwachsende Rohstoffe gedeckt werden, statt durch nicht nachwachsende wie Erdöl. Um aus Erdöl aussteigen zu können, braucht man Ersatzstoffe für alle möglichen Alltagsprodukte. Für Plastik, für Asphalt, für Medikamente, Lacke, Klebstoffe, Kaugummis, Vliespullis, Matratzen, Grillanzünder usw.
Das Vulkanland will versuchen, das fossile Zeitalter zu überwinden und eine neue, ressourcenschonende Wirtschaftsform aufzubauen. Dazu wurde zuerst einmal der gesamtökologische Fußabdruck der einzelnen Prozesse in der Region berechnet, um sich anzuschauen, wo die meisten Ressourcen verbraucht und die meisten Emissionen erzeugt werden. Raphaela Fink ist die Projektleiterin für ökologische Zukunftsfähigkeit im Vulkanland und zuständig für die Modellregion. Sie erklärt, was durch die Auswertung mittels der „Sustainable Process Index“-Methode herauskam: „Wir wurden auf Dinge aufmerksam, die beinahe unsichtbar wirken. Das Überraschende war, dass durch die weltweite Wirtschaftsverflechtung über 70 Prozent unseres Umweltdrucks im Ausland anfallen. Ein gutes Beispiel für das Vulkanland ist die Schweinefleischproduktion. Die Haltung findet zwar in Österreich statt, doch ein guter Teil der Futtermittelproduktion kommt aus dem Ausland. Ein Großteil der Sojafuttermittel etwa kommt aus Brasilien, wird also aus Südamerika bezogen.“
Das steirische Vulkanland ist eine hügelige und sehr landwirtschaftlich geprägte Region. Die gleichnamige Klima- und Energie-Modellregion verfolgt einen bioökonomischen Ansatz und bemüht sich um einen strukturellen Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft.
Bei scheinbar regionalen Produkten und Prozessen wird ein enormer Anteil an Ressourcen nicht regional, sondern global verbraucht. Die Emissionen werden sozusagen importiert, auch aus großen Monokulturen, für die ganze Wälder abgeholzt werden. Das ist alles andere als nachhaltig. Die Futtermittel selbst herzustellen ist daher eine der großen Maßnahmen in der Modellregion. „Noch etwas wurde sehr sichtbar“, erklärt Fink weiter: „Dass die verwendeten Ressourcen oft nicht ausreichend genutzt wurden.“ So kam man im Vulkanland zur Kreislaufwirtschaft. Sie ist so etwas wie das Werkzeug der Bioökonomie. Mit ihr sollen die eingesetzten Rohstoffe möglichst vollständig genutzt werden. Die Kreislaufwirtschaft zielt aber nicht darauf ab, Dinge zu recyceln. Beim Recycling denkt man erst am Ende des Produktlebenszyklus darüber nach, was man mit dem Rohstoff noch machen kann. Bei der Kreislaufwirtschaft denkt man das bereits bei der Produktentwicklung beziehungsweise beim Produktdesign mit. „Aus Weintrauben kann man beispielsweise Wein oder Traubensaft machen. Der Rest kommt normalerweise auf den Acker. Im Vulkanland wird jetzt aus den Traubenkernen Traubenkernöl gepresst. Aus dem Trester wird ein Schneckenschutzmittel hergestellt und was dann noch übrig bleibt, wird in einer Nahwärmanlage zur Strom- und Abwärme-Erzeugung genutzt. Und erst dann kommt der Rest auf den Acker“, berichtet Fink.
Man verwendet möglichst regionale Rohstoffe und nutzt sie möglichst komplett aus. Damit das flächendeckend funktionieren kann, muss man nicht nur seine Arbeitsweisen und Lieferketten umstellen, sondern auch seine Mentalität, denn es geht auch um eine Veränderung im Wertesystem der Menschen. Das hat auch mit der Veränderung von Gewohnheiten zu tun. Um diese Gewohnheiten zu ändern, werden im Vulkanland Workshops angeboten, an denen Landwirte, Bürgermeister, aber auch andere interessierte Menschen teilnehmen können. Dadurch entstehen wiederum neue Projekte, die nachhaltige Strukturen aufbauen, weil die Leute miteinander ins Gespräch kommen.
Welche Idee beispielsweise hinter dem Vulkanlandweizen steckt und welche Initiativen sonst noch im Vulkanland laufen, wird im Podcast des Klima- und Energiefonds auf
www.folgewirkung.at verraten.
Mehr über das Konzept des Steirischen Vulkanlands und seine Diversifizierung der Landwirtschaft sowie über alle anderen Klima- und Energie-Modellregionen in Österreich finden Sie auf
www.klimaundenergiemodellregionen.at
Mehr Infos zum Klima- und Energiefonds finden Sie auf www.klimafonds.gv.at